Allgemeines über teletandem

Teletandem (TT) ist autonomes, kooperatives Lernen einer Fremdsprache in Tandempaaren über das Internet. Die Lerner aus unterschiedlichen Ländern treffen sich ein- bis zweimal pro Woche mithilfe der Videochatfunktion von Skype mit einer/m brasilianischen, italienischen oder spanischen KommilitonIn im Internet und kommunizieren mittels Webcam und Headset ‚unter vier Augen’ synchron audiovisuell, mündlich und schriftlich miteinander. Dabei entscheiden sie gemeinsam mit ihrer/m LernpartnerIn wann sie sich treffen, über was sie sprechen und wie sie die Teletandemsitzung (TTS) didaktisch gestalten.

Teletandem ist mit Präsenztandem vergleichbar, bei dem sich zwei Sprecher unterschiedlicher Erstsprachen 1-2- mal pro Woche treffen (Uni, Sprachkurs, privat), um gegenseitig ihre Fremdsprachenkenntnisse zu vertiefen. Der Vorteil von Teletandem ist, dass sich die Tandempartner nicht am selben Ort befinden müssen, um miteinander kommunizieren zu können.

Nach einer umfassenden Einführung in das Lernen im Teletandem haben die Studierenden der am Projekt beteiligten Universitäten in den Teletandem-Sitzungen Gelegenheit, die von ihnen gewählten Fremdsprachen eigenständig mit einem Muttersprachler zu erlernen oder bereits vorhandene fremdsprachliche, landeskundliche und kulturelle Kompetenzen zu vertiefen.

Während der Teletandem-Zusammenarbeit werden die Lerner von Lehrkräften betreut, die ihnen bei Fragen, Problemen oder für Feedback zur Verfügung stehen.

Geschichte des Lernens im Tandem und Teletandem

1960-1970

Das Konzept des Lernens im Tandem wird im Rahmen „binationaler Sprachkurse“ des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) entwickelt und ist seitdem fester Bestandteil der theoretischen Diskussion über die Lehre und das Lernen von Fremdsprachen. In gemeinsamen von Sprachlehrern organisierten Sprachkursen (ausgearbeitete Lernmaterialien, normale Unterrichtssituation) lernen deutsche und französische Schüler im direkten Kontakt (Face-to-Face) die Sprache ihres Partners (Augustin, 2012: 248ff).

1980-1990

War das Lernen zunächst durch „die starke Stützung auf vorkonzipierte Materialien (…) und die kleinschrittige Steuerung der Tandemarbeit durch die Lehrer / Sprachanimateure“ (Brammerts/Kleppin, 2005:15) gekennzeichnet, wird nun der Grundstein für die Weiterentwicklung des Tandemkonzepts gelegt, indem individuelle Tandempaare bestehend aus einem Ausländer und einem einheimischen Fremdsprachenlerner gebildet werden. Ab 1982 erfolgt die Vermittlung der Lernpartner innerhalb eines Kurssystems. Auch hier erfordert das Face-to-Face-Tandem die Präsenz beider Partner sowie die partielle Präsenz einer Lehrkraft (Augustin, 2012: 252f).

1980-2000

Entwicklung eines ersten theoretischen Ansatzes, der das Konzept des autonomen Lernens im Hinblick auf das Lernen im Tandem untersucht und vertieft. Die von Henri Holec in dem Band Autonomy and self-directed learning: present fields of application herausgegebenen Beispiele und Ergebnisse dienen mit als Grundlage für das von 1992 bis 1996 an der Ruhr-Universität in Bochum durchgeführte E(-Mail)-Tandem-Projekt (Telles, 2006a: 6; Brammerts/Kleppin, 2005). Das Projekt, im Rahmen des von der EU geförderten SOKRATES Programms LINGUA, beinhaltet die Einführung von Tandemunterricht an mehreren europäischen Universitäten und trägt zur Gründung des International Tandem Network bei, an dem mittlerweile 12 europäische Universitäten beteiligt sind (www.slf.ruhr-uni-bochum.de/bochum-deu.html ; Telles, 2006a: 6). Das E-Tandem-Projekt ermöglicht den Studierenden über die Homepage der Universität einen individuellen Email-Tandempartner zu wählen und selbstständige Tandems durchzuführen bzw. herkömmliche Face-to-Face-Tandems aufzubauen. Schwierigkeiten bei der Auswahl der Tandempartner sowie andere Probleme werden mit einer Lehrkraft besprochen. Auch E-Tandem erfordert deshalb die partielle Präsenz einer Lehrkraft, das synchrone Face-to-Face-Tandem außerdem die Präsenz der Tandempartner (Augustin, 2012: 254).

Obwohl die technischen Voraussetzungen für einen internetgestützten Tandemunterricht schon gegeben sind, erschweren die hohen Kosten (Telefon-Internet-Software) eine breitere Anwendung von internetgestütztem Tandemunterricht (Telles, 2006: 12).

Nach 2000

Im Jahre 2002 stellt das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) die Sprachlernmethode Tele-Tandem vor, die „auf partnerschaftlichem und integriertem Lernen nach der Tandemmethode unter Einbeziehung der neuen Technologien basiert“ (Macaire, 2004/1: 1).

2005 wird mit dem von Brammerts und Kleppin herausgegebenen Buch Selbstgesteuertes Sprachenlernen im Tandem (Brammerts/Kleppin, 2005:16) erstmals eine umfassende theoretische Beschreibung der Grundlagen autonomen Lernens als Ergebnis der bisherigen an europäischen Universitäten durchgeführten E-Tandemprojekte veröffentlicht (Augustin, 2012: 256).

2006 wird an der Universidade Estadual Paulista in Brasilien das Teletandem Brasil-Projekt ins Leben gerufen mit Partneruniversitäten in Lecce (Italien), Lille (Frankreich) und Illinois (USA) (Telles, 2006:2). Seit dem WS 2006/2007 besteht ein universitäres Teletandem-Projekt zwischen der Universidade Estadual Paulista und der portugiesischen Abteilung des FTSK der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Germersheim.

Seit 2009 wird Teletandem auch am Sprachenzentrum (SpZ) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) angeboten, mittlerweile für die Sprachen Portugiesisch, Italienisch und Spanisch.

Heute existieren u.a. folgende E-Tandem- und Teletandemprojekte:

  • International Tandem Network (Universitäten in Bochum, Sheffield, Oviedo, Coimbra, Turin etc.)
  • Teletandem Brasil (Assis/SP, Venedig, Lille, Karlsruhe etc.)
  • Tele-Tandem des DFJW
  • Teletandem Deutschland (Karlsruher Institut für Technologie - KIT, Universidade Estadual Paulista - UNESP, Università del Salento; Universidad Complutense de Madrid - UCM)

Prinzipien des Teletandems

Die drei wichtigsten Grundsätze des Teletandemlernens sind:

  • Das Autonomieprinzip, d.h. beide Partner sind sowohl didaktisch als auch in der Auswahl der im Themenkatalog aufgeführten Themen für ihr eigenes Lernen verantwortlich. Sie entscheiden nach eigener Einschätzung, was sie wann wie lernen möchten und inwieweit ihr Partner sie darin unterstützen kann (Augustin, 2012: 273ff).
  • Das Gegenseitigkeitsprinzip, d.h. beide Partner verfügen über Kompetenzen, die der andere erlernen möchte und unterstützen sich gegenseitig. Da der Lernerfolg beider Partner auch vom Engagement des anderen abhängt, sind beide bemüht, den Partner beim Erreichen seiner Ziele zu unterstützen. (Augustin, 2012: 295ff)
  • Das Prinzip der Einsprachigkeit, d.h. beide Partner sind gefordert in der fremden Sprache zu kommunizieren, statt auf die Erstsprache zurückzugreifen. So übernimmt jeder Partner abwechselnd die Rolle des Lerners und des Lehrers, was zu einem ausgewogenen Machtverhältnis zwischen den Partnern führt und ihre Motivation verstärkt (Augustin, 2012: 315ff).

erfahrungsberichte

Anna Elstermann

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, FASK Germersheim
7. Semester


"Ich habe im letzten Semester mit Teletandem angefangen. Am Anfang wusste ich nicht recht, was auf mich zukommen würde, aber heute - nach einem halben Jahr - kann ich sagen, dass es wirklich total viel Spaß macht und man eine Menge lernen kann. Natürlich muss man am Anfang ein paar technische Probleme überwinden, z.B. die Programme wie Skype und MSN kennen lernen, dann die Kamera und das Headset richtig einstellen, aber wenn das erst mal läuft, kann man sich ganz auf den "Unterricht" konzentrieren. Was wirklich toll ist, ist, dass man keine Angst haben muss, etwas falsch zu sagen. Denn der andere kann die Fremdsprache ja auch nicht perfekt und man kann sich dann einfach gegenseitig helfen und nachfragen, es nochmal aufschreiben lassen usw. Man hat irgendwie keinen "externen Druck", man muss sich vor niemandem beweisen oder Angst haben, was die anderen Kommilitonen oder der Lehrer vielleicht von einem denken könnten. Und das macht das Ganze ziemlich locker - aber nicht im Sinne von "dass man nichts tun muss", sondern locker, weil man einfach selber viel lockerer ist und man dann besser lernt und auch besser beibringen kann.

Meine brasilianische Partnerin ist zwar noch am Anfang vom Deutsch Studium und kann noch nicht alles auf Deutsch sagen und ich bin durch ein Auslandssemester schon recht fortgeschritten in Portugiesisch, trotzdem langweilt sich keiner von uns und es ist manchmal sogar gut, dass man zur Not mal schnell die Übersetzung eines Wortes im Chat aufschreiben kann. :)

Dieses Semester machen wir mit den Teletandem-Stunden auf jeden Fall weiter, da es uns echt viel bringt, wir alles mögliche gegenseitig fragen und uns auch gegenseitig mit Hausaufgaben von der Uni helfen können! Außerdem macht´s einfach Spaß!"

technische voraussetzungen

Technische Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teletandem-Sitzung sind:

  • Computer oder Laptop
  • schnelle Internetverbindung
  • Headset
  • Webcam
  • Kommunikationsprogramme
  • Skype, MSN Live Messenger, ICQ, ooVoo etc. (siehe Downloads)